Dan Ariely hat mit seinem Team einige Studien und Versuche zum Thema Motivation durchgeführt. Er gab beispielsweise verschiedenen Studenten des MIT in Boston die Aufgabe Figuren aus Legosteinen zusammenzubauen. Sie fragten die Teilnehmer ‚Würdest Du für 3$ eine dieser Figuren zusammensetzen?‘. Nach dem Zusammenbau stellten sie die Frage ‚Würdest Du für 2,70$ noch eine dieser Figuren zusammensetzen?‘. Dann für 2,40$ und so weiter. Bis die Teilnehmer sagten ‚Jetzt ist es genug. Es macht für mich keinen Sinn mehr.‘.
Der Versuch basierte auf zwei Bedingungen (zwei Versuchsgruppen).
- Einer Gruppe wurde für die nächste Runde mit weniger Geld immer eine neue Figur zum zusammenbauen gegeben. Die bereis zusammengebauten Figuren wurden jeweils unter dem Tisch verstaut. Den Teilnehmern wurde jedoch gesagt, dass die Figuren für den nächsten Teilnehmer wieder zerlegt werden würden. Dies wurde als sinnvoller Zustand definiert.
- Bei der anderen Gruppe wurde für die nächste Runde mit weniger Geld auch eine neue Figur zum zusammenbauen gegeben. Jedoch während sie die neue Figur zusammenbauten, wurde die jeweils vorherige vor ihren Augen wieder zerlegt. Wollten sie weitermachen, bekamen sie die eben erst zerlegte Figur, die sie zuvor erst selbst zusammengebaut hatten, zum erneuten zusammenbauen. Dies wurde als Sisyphos Zustand definiert.
Das Ergebnis. Die erste Gruppe baute im Schnitt 11 Figuren zusammen, die zweite Gruppe dahingegen nur 7 Figuren. Ein kleiner Sinn in der Aufgabe, der Sinn, der sich lediglich daraus ergibt, dass die Figuren nicht sofort wieder zerlegt wurden, hat zu einer maßgeblichen Erhöhung der Motivation geführt weitere Figuren zu bauen.
In einer zweiten Variante hat das Versuchsteam Teilnehmern den Versuchsaufbau lediglich beschrieben. Die Teilnehmer wurden um ihre Einschätzung hinsichtlich des zu erwartenden Ergebnisses gebeten. Keiner der Befragten hat es tatsächlich durchgeführt, die Teilnehmer sollten sich lediglich in die Situation hineinversetzen. Das Ergebnis der Einschätzung war 8 zu 7. Die Teilnehmer haben die Tendenz richtig eingeschätzt, allerdings das Ausmaß unterschätzt.
Welche Schlüsse können wir daraus ziehen?
- Selbst einen geringen Sinn in einer Aufgabe zu erkennen, führt zu deutlich höherem Output bei gleichen Voraussetzungen.
- Die Dynamik, die sich aus dem Sinn ergibt der hinter einer Aufgabe steht, ist uns weitestgehend bewusst. Das Ausmaß des Unterschiedes, den dieser Sinn macht, wird häufig unterschätzt.
Was könnten wir also tun? Transportieren wir als Führungskräfte in gleichem Maße wie wir Aufgaben zuteilen oder Verantwortungsbereiche delegieren, auch den Sinn dieser Aufgaben? Sorgen wir uns um die Klarheit hinsichtlich der Aufgabenstellung? Enthält diese Klarheit auch den Sinn oder ist es lediglich die Methode und das Ergebnis? Ist uns selbst der Sinn, in dem was wir tun und wie wir es tun, klar?
Ariely führte mit seinem Team noch weitere Versuche durch. Einer davon war der Folgende: Diesmal wurden Blätter verteilt, die mit willkürlichen Abfolgen von Buchstaben bedruckt waren. Also ein ganzes Blatt voll mit Buchstabenreihen. Die Aufgabe an die Teilnehmer war ‚Findet und markiert alle identischen Buchstabenpaare auf dem Blatt.‘.
Dieser Versuch basierte auf drei Bedingungen (drei Versuchsgruppen).
- Die erste Gruppe: markierten die Zahlenpaare auf dem Blatt; schrieben ihren Namen auf das Blatt; der Versuchsleiter nahm das Blatt, schaute es sich von oben bis unten an, sagte kurz ‚Aha‘ und legte das Blatt neben sich auf den Tisch. Dann fragte der Versuchsleiter, ob sie noch ein Blatt für etwas weniger Geld ausfüllen würden, usw.
- Die zweite Gruppe: markierten die Zahlenpaare auf dem Blatt, der Versuchsleiter nahm das Blatt, schaute es sich nicht an und legte das Blatt einfach neben sich auf den Tisch. Dann fragte der Versuchsleiter, ob sie noch ein Blatt für etwas weniger Geld ausfüllen würden, usw.
- Die dritte Gruppe: markierten die Zahlenpaare auf dem Blatt, der Versuchsleiter nahm das Blatt und steckte es, ohne es sich anzusehen, direkt in einen Papierschredder. Dann fragte der Versuchsleiter, ob sie noch ein Blatt für etwas weniger Geld ausfüllen würden, usw.
Das Ergebnis. In der ersten Gruppe arbeiteten die Teilnehmer bis zu einem Betrag von 15 Cent. In der dritten Gruppe, der Gruppe mit dem Schredder, war bei einem Betrag von 30 Cents bereits die Grenze für die Teilnehmer erreicht. Die Frage ist jetzt, wie sah das Ergebnis in der zweiten Gruppe aus, in der das Ergebnis einfach nicht beachtet wurde? Was glauben Sie? Irgendwo nahe der Mitte zwischen der Beachtung und dem Schredder?
In der zweiten Gruppe in der die Arbeitsergebnisse ‚nur‘ nicht beachtet wurden, war das Ergebnis vergleichbar mit dem Schredder.
Eine zusätzliche Bemerkung an dieser Stelle. In der Gruppe mit dem Schredder, wäre es für die Teilnehmer möglich gewesen zu ‚betrügen‘. Sie hätten einfach das Blatt abgeben können, in der Gewissheit, dass der Versuchsleiter es sich nicht anschaut. Es hat niemand überprüft, ob es richtig oder vollständig, also gemäß der Aufgabenstellung, erledigt war. Sie hätten im Vergleich zu der Gruppe deren Ergebnis Beachtung erfuhr, für sehr viel weniger Einsatz deutlich mehr Geld erhalten können. Aber sie taten es nicht. Die Aufgabe machte unter Sisyphos Bedingungen schon viel früher keinen Sinn mehr für sie.
Welche Schlüsse können wir daraus ziehen?
- Eine zur Kenntnisnahme des Arbeitsergebnisses durch ein kurzes ‚Aha‘ reichten anscheinend aus, um die Motivation bei den Teilnehmern zu erhalten.
- Ein Ignorieren von Arbeitsergebnissen, ein Ausbleiben der zur Kenntnisnahme von erbrachter Arbeitsleistung, ist fast gleichzusetzen mit der Zerstörung der Ergebnisse direkt vor den Augen des Mitarbeiters. Es ist also sehr einfach Motivation zu zerstören – einfach durch die nicht Beachtung von Arbeitsleistung.
- Die Kombination aus Wertschätzung und Sinn führt zu deutlich höherem Arbeitseinsatz und zu deutlich höheren Ergebnissen. Menschen, die Wertschätzung ihrer Arbeitsleistung erfahren und einen Sinn in ihrer Arbeit erkennen, sind deutlich motivierter eine Tätigkeit in gleichbleibender Qualität auszuführen.
Was könnten Führungskräfte also tun, um die Klarheit über den Sinn der Aufgabe und die Erhaltung der Motivation bei Mitarbeitern zu unterstützen?
Motivation ergibt sich unter Anderem, durch Wertschätzung und Sinnvermittlung. Welchen Stellenwert nehmen diese beiden Aspekte bei der täglichen Führungsarbeit mit Mitarbeitern oder Teams ein? Haben Führungskräfte die fachlichen und kommunikativen Fähigkeiten und die Einstellung in der Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern, diese täglich zu transportieren? Das ist ein entscheidendes Thema mit dem sich die Führungskräfteentwicklung auseinandersetzen sollte.